Für Menschen mit neurologisch bedingten, komplexen körperlichen und kognitiven Behinderungen.
Körperfunktionen im Kopf neu vernetzen
Das Bobath-Konzept beruht darauf, dass gesunde Gehirnzellen lernfähig sind – ein Leben lang. Sind also nur Teile Ihres Gehirns geschädigt, lassen sich die gesunden Zellen so umprogrammieren, dass sie Aufgaben der erkrankten Region(en) erlernen und übernehmen können. Voraussetzung dafür ist, dass sich die intakten Verbindungen zwischen den Nervenzellen neu vernetzen und organisieren. Durch diese neuen Verbände werden verloren gegangene motorische und kognitive Fähigkeiten hergestellt und sollen sich Ihnen durch repetitives Üben (ständiges Wiederholen) einprägen. Dabei ist es wichtig, dass Ihr Therapeut Ihnen immer wieder die richtigen Anweisungen gibt, damit Sie so viel wie möglich und richtig lernen.
Oftmals ist bei neurologischen Erkrankungen nicht das eigentliche Kontrollzentrum, also ein Gehirnareal zerstört, sondern lediglich die Reizweiterleitung unterbrochen. Durch konsequentes Training, intensive Förderung und sensorische Stimulation können diese Verbindungswege neu gebahnt werden.
Warum ist es so wichtig, gerade die betroffenen, gelähmten oder nur eingeschränkt beweglichen Körperteile zu behandeln?
Anfangs neigen viele unserer Patienten dazu, ihre gelähmten Partien zu vernachlässigen – manchmal sogar zu ignorieren. Sie konzentrieren sich darauf, ihre Bewegungseinschränkungen durch ihre noch beweglichen Körperteile zu kompensieren. Lieber erhalten und fördern was noch funktioniert – geht oder ging es Ihnen genauso? Das ist kurzsichtig gedacht und für die Überwindung körperlicher Beeinträchtigungen nicht zielführend. Einseitige Bewegungen sind kontraproduktiv, wenn es um das „Umstrukturieren“ Ihres Gehirns geht. Sie nehmen sich selbst die Möglichkeit des Umlernens und der Integration Ihrer behinderten Körperteile in Ihre Alltagsbewegungen. Bewegliche und weniger bewegliche Partien sollen im Einklang miteinander funktionieren.
Durch einseitige Belastung provozieren Sie ferner schmerzhafte Spastiken (Verkrampfungen der Muskulatur) und auf lange Sicht die Folgen einer veränderten Körperstruktur durch das Spannungs-Ungleichgewicht. Das können zum Beispiel Rücken-, Hüft- oder Knieprobleme sein.
Eine Bobath-Therapie wird bei zerebral bedingten Bewegungsstörungen eingesetzt. Zum Beispiel bei/nach:
- Schlaganfall (Apoplex)
- Schädelhirntrauma (Schädelverletzung)
- hypoxischer Hirnschädigung (Beeinträchtigung der Hirnleistung durch Sauerstoffmangel)
- Entwicklungsstörungen und Verzögerungen
Was ist neurologische Krankengymnastik nach Bobath?
Eine ganzheitliche Befundaufnahme und Behandlungsmethode für Erwachsene und Kinder mit neurologischen Erkrankungen. Trainiert werden Alltagssituationen und die willkürliche Beeinflussung von Koordination und Muskeltonus. Bei der Mobilisation setzen Sie aktiv die Fähigkeiten Ihrer beweglichen Körperpartien ein, Ihr Therapeut kontrolliert und unterstützt Bewegungsabläufe der gelähmten/eingeschränkten Körperteile.
Weitere Inhalte der Bobath-Therapie sind u. a.:
- Gleichgewicht erlangen und halten
- Rumpf- und Kopfkontrolle
- stehen, wenn möglich sitzen (auch im Rollstuhl) und gehen
- lernen, wie Sie betroffene Extremitäten (Arme, Beine) richtig einsetzen und in Ihre Alltagsbewegungen integrieren können
- Toilettengang
- Körperhygiene
- Ankleiden
- Nahrungsaufnahme
Zum Ablauf:
Vor Beginn Ihrer Bobath-Behandlung erstellt Ihr Therapeut eine umfassende Bewegungsanalyse (Befund). Hierbei achtet er besonders darauf, wie Sie Reize aufnehmen und verarbeiten. Dabei werden Ihre:
- akustischen (Ihre Hörfähigkeit betreffend)
- optischen (Ihre Sehfähigkeit betreffend)
- taktil-kinästhetischen (Ihre Fähigkeit durch Tasten zu erkennen) und
- verbalen (Ihre Ausdrucksfähigkeit betreffend) Stärken und Schwächen berücksichtigt.
In der Therapie sollen Sie lernen, Ihren spastischen Muskeltonus zu hemmen. So erhalten Sie die Möglichkeit, Selbstkontrolle auszuüben und Ihre Muskelspannung willkürlich zu beeinflussen. Dazu gehören Anbahnungen physiologischer Bewegungen sowie spezielle Lagerungstechniken, die wir Ihnen zeigen. Bei der Mobilisation werden Sie von Ihrem Therapeuten unterstützt, der Ihre Bewegungen führt, sofern Sie nicht selbst dazu in der Lage sind.
Das Bobath-Konzept ist ein 24-Stunden Konzept: Wichtig sind regelmäßige Wiederholungen Ihrer Übungen in Ihren Tagesablauf aufzunehmen. Daher werden nach Möglichkeit Ihre Angehörigen mit in die Therapie einbezogen.
Bei einer ärztlichen Verordnung über KG-ZNS (Krankengymnastik bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems/Rückenmarks) ist die neurologische Krankengymnastik nach Bobath (neben der PNF- und Vojtatherapie) eine der möglichen Therapieformen. Ist die Bobath-Therapie die richtige Behandlung für Sie, werden Sie bei uns ausschließlich von Physiotherapeuten mit dieser Zusatzausbildung behandelt.
Wie lange dauert neurologische Krankengymnastik nach Bobath?
Neurologische Krankengymnastik nach Bobath dauert, je nach Verordnung, mindestens 25 Minuten. In dieser Zeit sind das Aus- und Ankleiden, die Untersuchung, Hygienemaßnahmen und die schriftliche Dokumentation für Ihren Arzt enthalten.
Welche Ziele hat neurologische Krankengymnastik nach Bobath?
Ihnen durch effiziente Haltungs- und Bewegungskontrolle mehr Sicherheit und Selbstständigkeit im Alltag zu ermöglichen. In besonders schweren Fällen kann die Bobath-Therapie pflegerische Maßnahmen erleichtern und unterstützen.
Weitere Behandlungsziele sind:
- Koordination zwischen beweglichen und weniger beweglichen/gelähmten Körperteilen verbessern
- verloren gegangene motorische Fähigkeiten wieder erlernen
- Körpersymmetrie entwickeln
- willkürliche Beeinflussung von Koordination und Muskeltonus (Muskelspasmen hemmen)
- Schmerzen vermindern
- falsche Haltungs- und Bewegungsmuster richtig umprogrammieren
- Vitalfunktionen sichern
Was kostet neurologische Krankengymnastik nach Bobath?
Ihr Arzt kann neurologische Krankengymnastik (KG-ZNS) als Heilmittel verordnen. Bei zerebral bedingten Bewegungsstörungen von Kindern und Erwachsenenzählt die Bobath-Therapie zu den Befund- und Behandlungsmöglichkeiten Ihres Physiotherapeuten und wird über das Rezept abgerechnet.
Für welche Erkrankungen und in welchem Umfang er eine ambulante Behandlung verordnen kann, regelt der Heilmittelkatalog der gesetzlichen Krankenkassen.
Laut Sozialgesetzbuch 5 (SGB V § 61 V) müssen Sie als gesetzlich Krankenversicherter (ab dem 18. Lebensjahr) einen Teil der vertragsärztlich verordneten Heilmittel selbst bezahlen, es sein denn, Sie werden von der Zuzahlung befreit.
Die Kosten pro Rezept betragen 10 €, plus 10 % der verordneten Therapiekosten.
Erfolgt die Behandlung über ein Privatrezept, können Sie die Rechnung bei Ihrer privaten Krankenkasse oder Zusatzversicherung einreichen. Sind Sie bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, fragen Sie bitte vorab, ob die Kosten erstattet werden.